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Leserbrief zu Tebartz-van Elst

Zur Auseinandersetzungumden Bischof von Limburg, das Handeln des Domkapitels und und die Medien

Ein Kampf um den Kurs der Kirche
Der Bischof muss weg, egal, was die laufenden Untersuchungen ergeben. Das ist die Devise des Limburger Domkapitels und damit hat es endlich die Katze aus dem Sack gelassen und offengelegt, dass es nicht um diesen oder jenen Vorwurf, sondern um die Person des Bischofs geht. Vom Tag seiner Amtseinführung an hat er die Kreise jener gestört, die aus ihrem antirömischen Affekt
nie einen Hehl gemacht und in diesem Sinne seit Jahrzehnten den Kurs der Diözese bestimmt haben. Bischof Tebartz-van Elst hatte bei seinem Amtsantritt einen Schauplatz
der Richtungskämpfe vorgefunden. Dieses Milieu wurde, wie der ehemalige Stadtrat von Frankfurt, Bernhard Mihm, es formuliert (in Fels 11,13), von einem von „intellektualistischer Skepsis oder geistloser Neuerungssucht zerfressenen Klerus“ geprägt und von einer Bistumsleitung, die nicht mehr führen, sondern nur noch moderieren wollte. Der liberale nassauische
Protestantismus sei dort auch innerkatholisches Leitbild und Rom zum Widerpart geworden. Aus dem Zustand einer in ihrem Bewusstsein gestörten Kirche, die weniger an Orthodoxie als am Fühlen und Denken der Zeitgenossen Maß nimmt, wurde man in Limburg mit dem Amtsantritt von Bischof Tebartz-van Elst jäh vertrieben. Als dieser es wagte, die kirchliche Einsegnung einer
homosexuellen Verbindung mit Sanktionen zu belegen, wurden solche und andere mit bischöflicher Autorität getroffenen Anweisungen von jenen, die dadurch „aus der
selbst gebastelten Welt limburgischen Kirchentums in die Realität katholischer Wirklichkeit versetzt“ (B. Mihm) wurden, als schockierend empfunden. Vor diesem Hintergrund
muss man die Angriffe auf Bischof Tebartz-van Elst sehen. Es geht um den Kurs der Kirche von Limburg, und dieser Kampf ist, um es mit einem Wort Reinhold Schneiders zu sagen, „ein Kampf der Geister in den Lüften“.
Wenn jetzt das Domkapitel den Kopf des Bischofs ohne Rücksicht auf das Untersuchungsergebnis verlangt und sein Sprecher, Johannes zu Eltz, selbst vor Vorwürfen an die Adresse des Papstes nicht zurückschreckt, dann lässt dies tief blicken. Offensichtlich fürchten jene, die sich ihrer Beute schon sicher glaubten, dass ihnen die Felle davonschwimmen werden.
Wochenlang hat sich eine sensationslüsterne, „empörte“ Nation mit immer neuen Anschuldigungen unterhalten lassen und sich dabei ausgiebig entrüstet. Das Opfer war den Angriffen der auf ihn gehetzten medialen Meute nahezu wehrlos ausgeliefert. Mit solchen öffentlichen Hinrichtungen hatte man schon im alten Rom die Massen bei Laune gehalten. Dabei versteht
es sich von selbst, dass Verschwendung in einer Kirche, die sich der Option für die Armen verschrieben hat, als Missstand empfunden wird. Das gibt aber niemandem das
Recht, den, den man für einen Verschwender hält, für vogelfrei zu erklären. Dies gilt umso mehr, als sich die Anschuldigungen gegen Tebartz-van Elst noch als ein „sich
selbsttragendes Lügengebäude“ erweisen können, wie Erzbischof Gerhard Ludwig Müller es prophezeit. Niemand scheine sich die Mühe zu machen, das Gnadenlose und Unchristliche
der Hatz auf Bischof Tebartz zu kritisieren, schrieb Ulf Poschardt in der „Welt“ vom 19. Oktober. Leider müssen sich diesen Vorwurf auch einige Bischöfe gefallen lassen.
Anstatt darauf hinzuweisen, dass in Limburg von Prunk und Protz nichts zu sehen ist und dass das, was sonst noch gegen den Bischof von Limburg vorgetragen wird, nur
auf Behauptungen beruht, stimmten sie in den Chor jener ein, die ihn auf verlassenem Posten stehend sehen und ihn für nicht länger tragbar halten, weil die Kirche durch
ihn unglaubwürdig geworden sei. Indessen macht sich die Kirche keineswegs dadurch unglaubwürdig, dass sie zu einem ihrer Amtsträger auch dann noch steht, wenn dieser möglicherweise Fehler gemacht hat. Unglaubwürdig wird sie aber, wenn sie tatenlos zusieht, wie einem der Ihren vor der ganzen Nation die Menschenwürde geraubt wird und wenn sie sich an Vorverurteilungen
beteiligt, die das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung missachten. Unglaubwürdig machen die Kirche schließlich auch und vor allem jene, die eine gnadenlose, unbarmherzige Verfolgungsjagd gegen einen sichtlich wehrlosen Menschen ausgelöst und bis heute aufrechterhalten haben. Wie langemüssen wir noch darauf warten, dass sie dessen bewusst werden und daraus Konsequenzen ziehen?
Prof. Dr. Roland Süßmuth,
72622 Nürtingen/gepostet in der Tagespost